Beispieltext
zum Traummonolog Wangs
Ich
sehe sie vor mir, diese rosa Wolke und spüre wieder meine Angst...
Was sollen wir tun ohne ihren Beistand? Die Menschen sind so
ungläubig, befolgen keine Gebote...
Was
werden sie mit Shen Te tun? Und ich habe sie in diese Lage gebracht!
Ich
sehe die Götter noch vor mir, wie sie ankamen ... fühle wieder
meine Freude ... meinen Stolz! Meine Quartiersuche, der Zorn über
die Weigerungen, die Götter aufzunehmen – und dann die
Bereitschaft der guten Shen Te, die Gäste zu beherbergen. Da waren
alle meine Ängste wie weggeblasen, vor den Erleuchteten als Lügner
da zu stehen, der mit Leichtigkeit ein Quartier zu finden versprach.
Und
dann das Missverständnis, mein fehlendes Vertrauen in Shen Te –
sie hätte mich doch nie im Stich gelassen - und meine Ahnung, die
Götter hätten meinen doppelten Boden im Wasserbecher entdeckt.
Feiger Wang, kleingläubiger Wang!! Fliehen und sich verstecken –
welch jämmerliche Reaktion.
Was
habe ich dadurch alles versäumt! Dass Shen Te eine freundliche
Gastgeberin war – und vor allem, dass die Götter ihr einen Auftrag
gaben, der unsere Erde retten soll, dass sie bleiben kann, wie sie
ist. Was für ein wichtiger und ehrenvoller Auftrag. Sie sollte
beweisen, dass ein guter Mensch auf dieser Erde auch angenehm leben
kann. Wer wäre dafür besser geeignet als der ‚Engel’ Shen Te??
Oh, es kam noch besser: Ich wurde Berichterstatter für die
Erleuchteten, sollte Shen Te’s Wirken und Leben begleiten und –
hoffentlich – von dem Gelingen erzählen. Der arme unbedeutende
Wasserträger mit den Göttern in Kontakt. Kaum zu glauben!
Aber
schwierig. Es gab nicht nur Erfreuliches. Ja sicher, Shen Te
versuchte, gut zu sein. Der gekaufte Tabakladen sollte noch mehr
Hilfe möglich machen.
Sollte!!
Aber es waren zu viele, die Hilfe wollten, zu viele auch, die Shen
Te’s Gutherzigkeit ausnutzten. Bald hatte sie nichts mehr zu geben,
stand vor einem Berg Schulden – Regal-Rechnung begleichen,
Halbjahresmiete vorauszahlen. Warum wird der gute Mensch bestraft mit
so viel Belastungen??
War
der erfundene Vetter Shui Ta die Lösung? Nein, das wusste ich
sofort.
Plötzlich
war das Böse da – mir kam es kaum über die Lippen, als ich den
Göttern davon erzählte! Ach, und ihre Reaktion fiel deutlich aus,
da half auch kein Bitten und Betteln, Shen Te zu verstehen. Meine
Aufgabe wurde zur Last – ich fühlte mich schwach, war ratlos.
Dann
überstürzten sich die Ereignisse, Shen Te verliebte sich in einen
Flieger, Yang Sun, einen schlechten Menschen, wie sich schnell
rausstellte. Ich war dabei, spürte ihre Freude, als sie mir trotz
des Regens einen Becher Wasser abkaufte, mich teilhaben ließ an
ihrem Glück! Ich hätte ihr dieses Glück sooo gegönnt, gewünscht
....
Sie
bekam finanzielle Hilfe, ein Darlehen, und es schien so, als würde
sich die Situation verbessern. Aber diese Liebe!! – Weiß nicht, ob
ich sie richtig finde ... Die gute Shen Te, sie ließ den Shui Ta
böse handeln, um Sun zu helfen, der sie nur ausnutzte, nicht liebte.
Sie verlor ihre Aufmerksamkeit für die Not anderer, zum Beispiel
meine vom Barbier Shu Fu verletzte Hand – Nein, ich bin undankbar,
das machte sie wieder gut, als sie mir eine Zeugenaussage versprach.
Klappte aber doch nicht, leider.
Zwischendurch
immer Bericht bei den Göttern und Bitte für Shen Te: Den Auftrag
erleichtern – weniger fordern vom guten Menschen – aber umsonst.
Geplatzte
Hochzeit, Shen Te mit dem letzten Hab und Gut, einem Wagen mit
Hausrat. Sie wollte ihn mir geben – wieder die alte Shen Te, die
gute – zur Bezahlung der Arztrechnung wegen meiner Hand. Ich tat
auch Gutes, kümmerte mich um den Schreiner und seine Kinder –
Opfer von Shui Ta’s unfairem Herunterhandeln der Summe für die
Regale.
Shen
Te schwanger!!!! Shui Ta’s Tabakfabrik! Ich machte mir Gedanken
über die beiden. Shen Te ist gut, aber Shui Ta ist auch nicht nur
schlecht, das war meine Meinung, aber dann: Shen Te verschwunden! Was
hatte Shui Ta damit zu tun?? Zweifel – Gerüchte – Zeichen für
ihre Anwesenheit ... Das ging doch alles nicht mit rechten Dingen zu.
Habe Shui Ta zur Rede gestellt, ohne Erfolg. Unerwartete Hilfe kam
von Sun, er hatte ein Schluchzen aus dem Gelass gehört. Er wollte
sie auch finden, ich denke wegen seines ungeborenen Kindes. Es blieb
nur der Weg zur Polizei.
Große
Aufregung – Verhaftung von Shui Ta wegen Mordverdacht.
Die
Götter um Hilfe gebeten, letztes Mittel! Auch erfolglos. Sie zeigten
kein Interesse am Schicksal Shen Te’s, nur Entsetzen über das
Scheitern ihrer Mission.
Was
war ich durcheinander, voller Angst, manchmal ein bisschen
hoffnungsfroh ....
Dann
kam die Gerichtsverhandlung. Die Götter waren die Richter. Niemand
außer mir und Shen Te kannte sie. Oder doch? Shui Ta wurde
ohnmächtig, als er sie sah! Ich staunte. Die Gerichtsverhandlung
verwirrte mich, ich bringe viel durcheinander. Nur, dass die Reichen
gut für Shui Ta aussagten und wir Armen nicht. Anschuldigungen
durcheinander. Shui Ta hielt das nicht mehr aus, gab auf, wollte
gestehen.
Und
wir wurden alle hinausgeschickt!!
Durften
erst wieder hereinkommen, als die Erleuchteten schon auf der rosa
Wolke entschwanden. Ein besonderer Augenblick, mir lief ein Schauer
über den Rücken, ich rief meine Mitbürger zum Respekt auf, die
Götter unterbrachen mich und machten aufmerksam auf Shen Te!!
Sie
war wieder da! Wo war Shui Ta? Warum verlassen uns die Götter? Warum
geben sie Shen Te keine Unterstützung? Fragen über Fragen und keine
Antwort.
Was
wird mit Shen Te? Ich mache mir große Sorgen um sie.
Brief Suns
an Shen Te
– vom
Fliegen
– von
der Arbeitslosigkeit
– von
der Prostitution
– vom
Tabakladen
– vom
Vetter
– von
freundlichen Menschen
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– Rolle
seiner Mutter (S. 83, 89)
– seine
verzweifelte Situation in Sezuan (S. 86-87)
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